Kommentar: Das EU-Lieferkettengesetz – ein Kompromiss mit Folgen
Auf einen Blick
- Kontroverse Diskussion um Auflagen zur Sorgfaltspflicht für EU-Lieferketten
- Massive wirtschaftliche Folgen für Unternehmen befürchtet
- Prof. Dr. Kyriakos Kouveliotis, Provost & Chief Academic Officer der Berlin School of Business and Innovation, kommentiert, welche Risiken und Chancen der neue Gesetzesentwurf für den Wirtschaftssektor birgt
Berlin, 03. April 2024 – Bereits im Dezember 2023 hatten die Verhandlungsführer von Parlament und Rat angekündigt, dass es eine informelle Einigung über die Inhalte des EU-Lieferkettengesetzes gäbe. Deutschland enthielt sich aufgrund des Vetos der FDP und auch weitere Mitgliedsstaaten zögerten zunächst. Doch am 15. März dieses Jahres entschied sich die erforderliche Mehrheit – trotz fortbestehender Enthaltung Deutschlands – für den neuen, nochmals entschärften Kompromissvorschlag. Prof. Dr. Kyriakos Kouveliotis, Provost & Chief Academic Officer der Berlin School of Business and Innovation (BSBI), sieht in dem neuen Gesetzesentwurf, der Unternehmen dazu verpflichtet, ihre negativen Auswirkungen auf die Menschenrechte und die Umwelt abzumildern, sowohl positive Veränderungen als auch Herausforderungen für den Wirtschaftsbereich.
EU-Lieferkettengesetz schafft faire Wettbewerbsbedingungen
„Ich bin froh, dass trotz erheblichen Widerstandes, insbesondere seitens Teilen der deutschen Bundesregierung, eine Einigung zum europäischen Lieferkettengesetz erzielt werden konnte. Der neue, abgeschwächte Kompromiss schafft einen einheitlichen, rechtlichen Rahmen zur Förderung von Transparenz und Rechtssicherheit in Europa. Das betrifft Sklaverei, Kinderarbeit, Ausbeutung von Arbeitskräften sowie den Verlust biologischer Vielfalt, Umweltverschmutzung und Zerstörung des Naturerbes. Für Unternehmen sind die neu geschaffenen Chancen ebenso bedeutend: EU-weit einheitliche Wettbewerbsbedingungen und in Bezug auf Deutschland die Beseitigung von Benachteiligungen gegenüber der internationalen Konkurrenz. Deutsche Unternehmen haben aufgrund des im Januar 2023 in Kraft getretenen deutschen Lieferkettengesetzes (kurz LkSgs) in der Vergangenheit bereits erhebliche Investitionen zur Umsetzung von Nachhaltigkeitsstandards betrieben. Durch den neuen Gesetzesentwurf wird die Einhaltung von gewissen Standards entlang von Lieferkettenmechanismen in herausfordernden politischen Umfeldern gesichert. Das trägt gleichzeitig zu einer langfristigen Stärkung des Verbrauchervertrauens in Produkt und Marke bei. Durch einen proaktiven Umgang mit dem EU-Lieferkettengesetz können Unternehmen eine führende Rolle im Wettbewerb einnehmen.”
Globale Verantwortung übernehmen
„Die unter anderem im Gesetzesentwurf enthaltene Regelung zur Erarbeitung eines Übergangsplans, um das unternehmerische Geschäftsmodell mit der im Pariser Abkommen festgelegten Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius in Einklang zu bringen, ist ein wichtiger Beitrag für die Wahrung und den Schutz der Umwelt in globalen Wertschöpfungsketten. Damit haben wir nun einen starken Hebel, um der Ausbeutung unserer Umwelt entgegenzuwirken. Unternehmen müssen aktiv Klimapläne vorlegen, die aufzeigen, wie der Betrieb den Übergang zu einer nachhaltigen, klimaneutralen Zukunft gestaltet. Die Richtlinie leistet damit einen wichtigen Beitrag, zu Erreichung der internationalen und europäischen Klimaziele. Gleichzeitig bietet es internationalen Unternehmen die Chance, nun auch global Verantwortung zu übernehmen.”
Komplexität stellt Unternehmen vor Herausforderungen
“Sobald die Richtlinie für ein europäisches Lieferkettengesetz durchgesetzt und zum nationalen Recht ausgerufen wird, müssen die Unternehmen reagieren und ihre Sorgfaltspflichten dementsprechend anpassen. Hier stehen besonders global agierende Unternehmen mit stark fragmentierten Lieferketten vor einer enormen Herausforderung: Die Mängelidentifikation entlang ihrer gesamten Lieferkette kann sehr komplex und zeitaufwändig sein. Dadurch befürchten einige Unternehmen eine Benachteiligung im internationalen Wettbewerb, besonders gegenüber Unternehmen, die in Ländern ohne vergleichbare Gesetzgebung ansässig sind. Zusätzliche Kosten, erhöhter Verwaltungsaufwand, unklare Rechtsbegriffe und die Möglichkeit zivilrechtlicher Klagen führen zu Bedenken bei den betroffenen EU- und Nicht-EU-Unternehmen sowie Muttergesellschaften und Franchise-Unternehmen. Um der unternehmerischen Sorgfaltspflicht der nahenden EU-Richtlinie gerecht zu werden, sollten Unternehmen sofort beginnen, sich einen ganzheitlichen Überblick über ihre sozialen und ökologischen Auswirkungen entlang ihrer Lieferkette zu verschaffen.”
Die Berlin School of Business and Innovation (BSBI) ist eine private Wirtschaftsschule in Berlin mit Standorten in Paris, Athen, Hamburg und Barcelona. Seit der Eröffnung 2018 bildet die BSBI zukünftige Führungskräfte in der Wirtschaft mit praxisorientierten, englischsprachigen Bachelor-, Master- und Promotionsstudiengängen in den Bereichen Betriebswirtschaft, Marketing, Finanzen, IT, Informatik, Tourismus und Hospitality Event Management aus.
Die BSBI vereint traditionelle Lehrmethoden mit flexiblem, praxisnahem Lernen, um ihre über 7.500 Studierenden aus 112 Ländern optimal auf den globalen Arbeitsmarkt vorzubereiten. Als Erasmus+-Organisation fördert sie internationale Zusammenarbeit und kooperiert mit renommierten akademischen Institutionen. Ihre Exzellenz wurde mit Auszeichnungen wie dem AMBA/BGA Best Innovation Strategy Award, dem Outstanding Organisation Award (Education 2.0 Conference) und dem Bronze Award for Blended and Presence Learning (QS Reimagine Education Awards) gewürdigt.
Die BSBI ist Teil der GUS Germany GmbH (GGG), einem dynamischen Netzwerk von Bildungseinrichtungen mit über 15.000 Studierenden in Deutschland, Europa und darüber hinaus.
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