Credit: Mario Gogh
München, 29. January 2025

Qualitative Studie: So setzen deutsche Aufsichtsratsmitglieder KI ein

Auf einen Blick

  • Die Mehrheit der Aufsichtsräte beschäftigt sich wöchentlich mit KI, vornehmlich mit Sprachmodellen, nutzt sie aber in der Gremienarbeit vor allem in den Ausschüssen
  • 90 Prozent sehen interne Widerstände, 85 Prozent Datenschutz- und Haftungsrisiken als größte Hindernisse für den KI-Einsatz im Aufsichtsrat
  • 76 Prozent lehnen KI als virtuelles Aufsichtsratsmitglied ab

München, 29. Januar 2025 – Künstliche Intelligenz (KI) spielt eine immer wichtigere Rolle für die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen. Doch auch die Aufsichtsräte müssen ihre KI-Kompetenzen ausbauen, um ihre Aufgaben effektiv wahrnehmen zu können. Angeregt durch eine Umfrage vom Juni 2024, nach der nur fünf Prozent der deutschen Aufsichtsräte als KI-kompetent gelten, hat die Technischen Universität München gemeinsam mit der Hochschule Macromedia, University of Applied Sciences eine qualitative Studie unter deutschen Aufsichtsräten durchgeführt. Ziel der Untersuchung war es, persönliche KI-Kenntnisse von Aufsichtsräten, deren Nutzungsmuster und die Wahrnehmung der Technologie zu analysieren. Befragt wurden 20 Dax-, MDax- und SDax-Aufsichtsratsmitglieder, die Unternehmen aus 16 verschiedenen Branchen repräsentieren.

KI-Kompetenzen deutscher Aufsichtsräte: Status quo
Die Studie zeigt eine große Bandbreite an KI-Kenntnissen unter den Befragten. Sie reicht von Überforderung bis hin zu regelmäßiger Nutzung. Im Durchschnitt verfügen die Aufsichtsräte aber über solide Grundkenntnisse, nur ein:e Teilnehmer:in erreichte Expertenniveau. Während sich die Mehrheit der Interviewten im persönlichen Umfeld durchschnittlich einmal pro Woche mit Künstlicher Intelligenz auseinandersetzt, wird die Technologie in der Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied selten genutzt und vor allem von den Ausschussmitgliedern eingesetzt. Ein großes Hindernis stellen strukturelle Faktoren dar: 90 Prozent der Befragten nennen interne Widerstände als Problem, 85 Prozent führen Datenschutzbedenken, regulatorische Unsicherheiten und Haftungsrisiken an. Ein MDax-Aufsichtsratsmitglied erklärt: „KI muss in einem geschützten, unternehmenseigenen System genutzt werden, um sicherzustellen, dass keine sensiblen Informationen nach außen gelangen.“

Ungenutzte Potenziale – wie KI die Arbeit im Aufsichtsrat verändern könnte
Rund 80 Prozent der befragten Aufsichtsratsmitglieder erkennen die Potenziale zur Effizienzsteigerung, insbesondere im Prüfungsausschuss, wo KI von externen Prüfer:innen bereits intensiver genutzt wird. Naheliegende Anwendungsfelder sind etwa die ESG-Berichterstattung, die strategische Unternehmensentwicklung und das Risikomanagement. In diesen Bereichen können klare Datenpunkte wie Unternehmenszahlen und KPIs effizient analysiert werden. So kann Künstliche Intelligenz dabei helfen, Handlungsfelder zu identifizieren, sowie Faktenchecks durchzuführen und bietet damit Potenziale in den Bereichen Steuerung und Beratung. 

KI als virtuelles Mitglied
75 Prozent der Befragten sehen KI in erster Linie als unterstützendes Werkzeug und nicht als Ersatz für menschliche Verantwortung. Ein SDAX-Aufsichtsratsmitglied kommentiert: „Die Fähigkeit, KI zu verstehen und präzise mit Maschinen zu kommunizieren, wird entscheidend für die Gremienarbeit sein. KI ist unser Sparringspartner, der neue Perspektiven eröffnet, aber Entscheidungen gehören in die Hände von Menschen.“ Die Idee, Künstliche Intelligenz als Sparringspartner zu nutzen, wurde von vielen als positiv bewertet. Die provokante Frage nach einem festen Sitz von KI im Aufsichtsrat hielt jedoch nur 24 Prozent für denkbar. Eine Mehrheit von 76 Prozent der Befragten lehnte eine feste Rolle für KI im Aufsichtsrat ab.

Abgeleitete Handlungsempfehlungen der Studienautor:innen
„Zum einen sollten Unternehmen und Aufsichtsratsmitglieder sicherstellen, dass sie über grundlegende Kenntnisse im Umgang mit KI verfügen und die Auswirkungen der Technologie einschätzen können. Dies erfordert ein umfassendes Schulungskonzept, das sowohl regelmäßig aktualisiert wird als auch technologische Entwicklungen und ethische-rechtliche Anforderungen berücksichtigt. Dabei sollten praxisnahe Ansätze wie Use Cases und konkrete Anwendungen im Vordergrund stehen“, erläutert Prof. Dr. Dirk Kleine, Honorarprofessor für Business Management der Hochschule Macromedia.

Sabine Eckhardt, Managerin und Multi-Aufsichtsrätin sowie Co-Autorin der Technischen Universität München, ergänzt: „KI ist mehr als ein Effizienztool, das Analysen verbessert und strategische Überlegungen bereichern kann. Die Technologie ist hochgradig disruptiv und bietet neben Risiken auch enorme Chancen. Wir Aufsichtsräte müssen hier Schritt halten, um Entwicklung und Zukunftsfähigkeit von Unternehmen bestmöglich zu fördern und zu begleiten.“

Präsident der Macromedia University of Applied Sciences, Prof. Dr. Dr. Castulus Kolo fügt hinzu: „Bestehende Rechtsunsicherheiten bei der Einführung von KI in Unternehmen und deren Gremien hemmen nicht nur den Einsatz, sondern dienen teilweise auch als Vorwand, sich nicht mit der Technologie zu beschäftigen. Mit künstlicher Intelligenz können Unternehmensdaten fundiert ausgewertet werden. Insbesondere bei Benchmarking-Analysen oder M&A-Transaktionen ermöglicht künstliche Intelligenz sehr tiefgehende Markt- und Wettbewerbsanalysen.“

Weitere Informationen finden Sie auf der Webseite der privaten Hochschule. Die gesamte Studie können Sie hier einsehen. 

Über die Befragung
Befragt wurden 20 Aufsichtsratsmitglieder von DAX-, MDAX- und SDAX-Unternehmen aus 16 Branchen mittels leitfadengestützter Interviews. Unter den Befragten waren fünf Aufsichtsratsvorsitzende und zehn noch operativ tätige Aufsichtsratsmitglieder. Aufgrund von Datenschutzbestimmungen wurden die Ergebnisse der Befragung anonymisiert, sodass weder die Namen der Befragten noch die ihrer Unternehmen erkennbar sind. Im Fokus der Befragung standen die persönlichen Erfahrungen im Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI), deren Anwendung in der Aufsichtsratsarbeit, die Nutzungsmuster innerhalb des Gesamtgremiums sowie die Einschätzung der Bedeutung des Themas für die jeweiligen Unternehmen. Ergänzend wurde eine qualitative Analyse zu bestehenden Hemmnissen, identifizierten Potenzialen und den erwarteten Zukunftsperspektiven durchgeführt, mit Blick auf einen Zeithorizont von fünf Jahren. Die Interviews wurden zwischen August und Oktober 2024 durchgeführt und systematisch mit MAXQDA ausgewertet.

Über Macromedia

Die Hochschule Macromedia ist eine führende private Hochschule vertreten in Berlin, Frankfurt, Freiburg, Hamburg, Köln, Leipzig, München, Stuttgart, Düsseldorf und Hannover. Aktuell zählt sie rund 5.200 Studierende und bietet ein vielfältiges Studienportfolio an.

Das Angebot umfasst staatlich anerkannte Bachelor- und Masterabschlüsse in deutscher und englischer Sprache. Mit 15 Studiengängen und knapp 50 Vertiefungsrichtungen deckt die Hochschule ein breites Spektrum ab – von Management, Medien und Kommunikation über digitale Technologien und Design bis hin zu Psychologie, Games, Journalismus, Film, Fashion, Musik und Schauspiel.

Als praxisorientierte Hochschule bereitet die Macromedia ihre Studierenden optimal auf die Herausforderungen der modernen Arbeitswelt vor.

 
Desiree Engel
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