UN-Ziel in Gefahr: Menschen in G7-Staaten zahlen 3,4 Milliarden Euro zu viel bei Auslandsüberweisungen

London, 16. Juni 2021
Credit: Pickawood

Auf einen Blick

  • Analyse von Weltbank-Daten zeigt: In G7-Staaten sind Gebühren für Auslandsüberweisungen noch mehr als doppelt so hoch wie von der UN bis 2030 gefordert 
  • In Deutschland wird die Differenz 2021 Prognosen zufolge bei über 820 Mio. Euro liegen 
  • Situation hat sich laut Umfrage aufgrund von Corona zusätzlich verschlechtert, Familien im Ausland benötigen mehr finanzielle Unterstützung

London, 16. Juni 2021 – In dieser Woche kommen die Staatschefs der sieben führenden Industrienationen (G7) in britischen Carbis Bay zusammen. Unter dem Motto “Build back better” diskutieren Angela Merkel und ihre Kollegen unter anderem, wie die Gruppe Entwicklungsländer im Zuge der Corona-Pandemie besser unterstützen kann. Eine wesentliche Einkommensquelle dieser Länder sind Auslandsüberweisungen an Familien und Freunde in diese Länder, sogenannte Remissen. 

Bei diesen Transaktionen gehen jedoch jedes Jahr Milliarden Euro durch zu hohe Gebühren für die Überweisenden verloren, da die Anbieter mit ihren Preisen weit über dem UN-Nachhaltigkeitsziel von drei Prozent Überweisungskosten liegen. Wie hoch diese Differenz ausfällt, zeigt eine aktuelle Analyse von Weltbank-Daten durch das Technologieunternehmen Wise im Vorfeld des internationalen Tags der Familienüberweisungen am 16. Juni. 

Gebühren aktuell mehr als doppelt so hoch
Laut Prognosen werden Menschen aus den G7-Ländern im Jahr 2021 insgesamt 7,02 Milliarden Euro an Gebühren für Remissen zahlen. Dies entspricht mit durchschnittlich 6,5 Prozent des Überweisungsbetrages mehr als dem Doppelten der UN-Zielvorgabe bis 2030. Würden sich die G7-Staaten schon heute an das Nachhaltigkeitsziel der Vereinten Nationen halten, könnten 3,4 Milliarden Euro mehr bei den Familien ankommen. 

Für das Jahr 2020 hat die Weltbank nun offizielle Zahlen veröffentlicht: Im vergangenen Jahr bezahlten die Einwohner:innen der G7-Staaten 7,06 Milliarden Euro und damit 3,6 Milliarden zu viel für Überweisungen an ihre Familien und Freunde im Ausland. 

Deutschland mit den zweithöchsten Gebühren nach Japan
2020 haben Menschen in Deutschland mit durchschnittlichen Überweisungskosten von 7,34 Prozent rund 1,3 Mrd. Euro an Gebühren für Remissen bezahlt und damit 785 Millionen Euro zu viel. Im Vergleich der G7 fallen einzig in Japan mit durchschnittlich 10,1 Prozent höhere Gebühren an. 

Für das aktuelle Jahr rechnet Wise auf Basis von Zahlen der Weltbank mit Remissen aus Deutschland in Höhe von umgerechnet 19 Mrd. Euro. Bei leicht gesunkenen, durchschnittlichen Überweisungskosten in Höhe von 7,3 Prozent werden die überweisenden Personen insgesamt 1,4 Mrd. Euro für die Gebühren zahlen – 824 Mio. Euro zu viel.

Welche Ausmaße die hohen Preise annehmen, zeigt ein Blick in die vergangenen zehn Jahre: Zwischen 2010 und 2020 zahlten Menschen in Deutschland insgesamt 16,5 Mrd. Euro, um Geld an ihre Familien oder Freunde zu überweisen. In dieser Zeit sanken die durchschnittlichen Überweisungskosten laut Daten der Weltbank von 12,2 auf 7,34 Prozent – nicht zuletzt durch das Aufkommen digitaler Anbieter wie Wise. Die Untersuchung der von der Weltbank ermittelten Daten zeigt auch: Bei gleichbleibender Preisentwicklung wird Deutschland die UN-Vorgabe erst nach 2030 erreichen.

Corona erschwert Remissen-Zahlungen deutlich
Um herauszufinden, wie sich die Situation für jene, die Remissen versenden, in Deutschland aufgrund der Corona-Pandemie verändert hat, beauftrage Wise eine Befragung von 1.004 betroffenen Personen. Aufgrund finanzieller Schwierigkeiten ist es für mehr als die Hälfte aller Überweisenden (53 Prozent) deutlich schwieriger geworden, Familie und Freunde im Ausland zu unterstützen. Analog dazu ist der Bedarf bei 25 Prozent der Befragten seit Beginn der Pandemie gestiegen und stellt die jeweiligen Personen demnach vor noch größere Schwierigkeiten. 

Sandra Sequeira, Professorin für Entwicklungsökonomie an der London School of Economics (LSE), sagt: „Die negativen Folgen von Covid-19 wirken sich verheerend auf den Lebensunterhalt der Menschen, insbesondere in den Entwicklungsländern, aus. Zusätzliche finanzielle Unterstützung wird vor allem dort benötigt, wo die wirtschaftlichen Probleme aufgrund von Schließungen und dem Fehlen von Sozialschutz- und Arbeitsförderungsprogrammen noch gravierender sind.

Die Mehrheit der G7-Länder, darunter auch Deutschland, sind nicht einmal annähernd in der Lage, das UN-Ziel für nachhaltige Entwicklung zu erreichen, wenn die Gebühren weiter so langsam sinken. Bis 2030 sollen die Kosten bis unter drei Prozent fallen. Die Last tragen letztendlich die Menschen in den Entwicklungsländern und ihre Familien. Es wäre schön, wenn wir anlässlich des Internationalen Tages der Familienüberweisungen am 16. Juni mehr Dringlichkeit sehen würden.“

Arun Tharmarajah, Head of Europe bei Wise, ergänzt: Die Zahlen zeigen einen signifikanten Konflikt zwischen der zunehmenden Bedeutung der Remissen und der Frage, wie einfach und effizient sie durchgeführt werden können. Sie sind dabei nicht nur überteuert. Aufgrund der unklaren Gebührenstrukturen ist es für die Menschen zudem auch völlig unklar, wie viel sie wirklich für eine Überweisung zahlen.” 

Maßnahmen zur Verbesserung der Situation
Um die Situation für die Betroffenen zu verbessern, sind konkrete Maßnahmen als Antwort auf die Pandemie nötig, die über die bisherigen Regelungen der Cross Border Payments Regulation 2 (CBPR2) hinausgehen. Die Verordnung soll den grenzüberschreitenden EU-Zahlungsverkehr seit dem 19. April 2019 mit strengen Regeln transparenter machen, bleibt jedoch in ihrer Sprache vage und lässt Interpretationsspielraum bei der konkreten Umsetzung. So bleiben Überweisungen mit Bargeld beispielsweise komplett außen vor. Wise fordert die Entscheidungsträger der G7 auf, Änderungen an der Gesetzgebung für den internationalen Zahlungsverkehr vorzunehmen, um sicherzustellen, dass die Verbraucher:innen nicht weiterhin den Preis für eine schlechte Zahlungsverkehrspolitik zahlen. Die Forderungen sind hier einsehbar.

Über die Untersuchung

Für den Gesamtbetrag der gezahlten Gebühren verwendete Wise historische Daten der Weltbank, die um die Inflation bereinigt wurden (basierend auf dem Verbraucherpreisindex der Weltbank, der hier verfügbar ist). 

Für die berechneten Gebühren im Jahr 2021 schätzte Wise die diesjährigen Gebühren auf Basis der Preisentwicklung der letzten sechs Jahre. Für die Preisberechnung und die Schätzungen, wann die Länder das UN-Nachhaltigkeitsziel von drei Prozent erreichen würden, stützten sich die Analysten von Wise auf ein lineares Regressionsmodell (Ordinary Least Squares, OLS), das auf die von der Weltbank bereitgestellten Preise angewendet wurde. Die gesamte methodische Analyse wurde in Abstimmung mit Sandra Sequeira durchgeführt. 

Sandra Sequeira ist Professorin für Entwicklungsökonomie im Bereich Internationale Entwicklung, Forschungspartnerin bei STICERD, CEPR, Novafrica und dem International Growth Centre. Ihre Forschungsinteressen liegen in den Bereichen Entwicklungsökonomie, politische Ökonomie, Handel und Verbraucherverhalten. 

Verwendete Quellen 

  • Prozentuale Gebühren bis 2013: https://remittanceprices.worldbank.org/sites/default/files/RPW_Report_Dec2013.pdf
  • Prozentuale Gebühren bis 2017: https://remittanceprices.worldbank.org/sites/default/files/rpw_report_december2017.pdf
  • Prozentuale Gebühren 2021: https://remittanceprices.worldbank.org/sites/default/files/rpw_main_report_and_annex_q121_final.pdf
  • Remissen-Volumen: https://www.knomad.org/data/remittances 

 

Über die Umfrage

Für die Umfrage befragte das Forschungsunternehmen Censuswide 1.004 Personen in Deutschland zwischen dem 23.03.21 und 31.03.21, die in den vergangenen zwei Jahren Geld ins Ausland an Familie oder Freunde geschickt haben. Die Fragen behandelten unter anderem die Relevanz der Zahlungen für Empfänger*innen sowie die Veränderungen im Zahlungsverhalten durch die Corona-Pandemie

Über Wise

Wise (www.wise.de) ist ein globales Technologieunternehmen, das die beste Lösung entwickelt, um Geld der ganzen Welt zu bewegen und zu verwalten. Mit dem Wise Account und Wise Business können Privatpersonen und Unternehmen Geld in 40 Währungen halten, es zwischen Ländern bewegen und im Ausland ausgeben. Auch große Unternehmen und Banken nutzen die Wise-Technologie – ein völlig neues Netzwerk für das Geld der Welt. Wise wurde von Kristo Käärmann und Taavet Hinrikus mitbegründet und ging 2011 unter seinem ursprünglichen Namen TransferWise an den Start. Es ist eines der weltweit am schnellsten wachsenden, profitablen Technologieunternehmen und wird an der Londoner Börse unter dem Kürzel WISE geführt. 16 Millionen Privatpersonen und Unternehmen nutzen Wise. Im Geschäftsjahr 2023 wickelte Wise rund 122 Milliarden Euro an grenzüberschreitenden Transaktionen ab, wodurch die Kunden und Kundinnen rund 1,7 Milliarden Euro sparen konnten.

 
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