UN-Ziel in Gefahr: Menschen in G20-Ländern zahlen 5,16 Milliarden Euro zu viel für Geldtransfers an Freunde und Verwandte

London, 12. Dezember 2022
Credit: Mufid Majnun

Auf einen Blick

  • Weltbank-Daten-Analyse von Wise zeigt: Viele G20-Staaten laufen Gefahr, UN-Nachhaltigkeitsziel für Auslandsüberweisungen zu verfehlen. 
  • In Deutschland sinken die Preise 2022 erstmals unter 7 Prozent, aber laut einer Prognose würde das UN-Nachhaltigkeitsziel von 3 Prozent bis 2030 verfehlt werden.
  • Würde Deutschland bereits heute die Zielvorgabe einhalten, würden 2022 rund 730,7 Millionen Euro eingespart werden.

London, 12. Dezember 2022 – Banken und Finanzdienstleister in Deutschland verlangen für Auslandsüberweisungen an Familie und Freunde aktuell doppelt so hohe Gebühren wie in den UN-Nachhaltigkeitszielen für 2030 verankert. Das zeigt eine aktuelle Analyse von Weltbank-Daten durch das Technologieunternehmen Wise und Prof. Sandra Sequeira von der London School of Economics. Diese Zahlungen werden auch Remissen genannt und sind eine wesentliche Einkommensquelle – insbesondere in Staaten mit niedrigem oder mittlerem Einkommen.  

Der zweite Remissen-Bericht von Wise gibt Aufschluss über die durchschnittlichen Kosten in einigen der größten G20-Staaten, darunter die USA, Großbritannien und Deutschland, und prognostiziert die Gebührenentwicklung bis 2030. Dann nämlich soll laut UN-Nachhaltigkeitsziel 10c. der Preis auf unter drei Prozent pro Überweisung sinken.

Durchschnittlich 5,66 Prozent Gebühren für Auslandsüberweisungen
Insgesamt werden 2022 Remissen in Höhe von rund 206,6 Milliarden Euro aus zwölf G20-Staaten in andere Länder überwiesen. Dafür fallen schätzungsweise 11,7 Milliarden Euro an Gebühren an. Dies entspricht einer durchschnittlichen Gebühr von 5,66 Prozent. Auch wenn die Kosten gegenüber dem Vorjahr (2021: 6,2 Prozent) sinken, liegen diese weiterhin deutlich über der UN-Zielvorgabe von drei Prozent bis 2030. Würden die zwölf untersuchten Länder bereits heute das Nachhaltigkeitsziel der Vereinten Nationen erfüllen, könnten bei den Überweisungsempfängern 5,2 Milliarden Euro mehr ankommen.

Seit 2015 sind die Kosten für Auslandsüberweisungen aus den zwölf Ländern durchschnittlich um ein Prozent gesunken. Sollten die Gebühren nicht schneller sinken, werden neun der zwölf untersuchten G20-Staaten – darunter auch Deutschland – die UN-Zielvorgabe für 2030 verfehlen.

2022 Überweisungskosten in Deutschland fast 1,5 Prozent höher als in Italien
Für das laufende Jahr rechnet Wise auf Grundlage von Zahlen der Weltbank mit Remissen aus Deutschland von insgesamt 22,4 Milliarden Euro. Das entspricht einem Anstieg um rund 33 Prozent gegenüber dem Vorjahr (16,9 Milliarden). Die Überweisungskosten werden von 6,53 Prozent im Vorjahr auf voraussichtlich 5,83 Prozent im aktuellen Jahr sinken. Damit liegt Deutschland mit fast 1,5 Prozent deutlich über Italien (4,37 Prozent) und Großbritannien (5,62 Prozent). In Frankreich werden 2022 die Gebühren hingegen mit 6,41 Prozent jene in Deutschland leicht übersteigen. Insgesamt zahlen Menschen aus Deutschland 2022 für Remissen 1,4 Milliarden Euro an Gebühren. Ein Anstieg um 27 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Würde Deutschland bereits heute die UN-Vorgabe einhalten, würden rund 730,7 Millionen Euro eingespart werden.

Zwischen 2012 und 2021 zahlten Menschen für Überweisungen aus Deutschland an Familien und Freunde im Ausland insgesamt 15,3 Milliarden Euro an Gebühren. In dieser Zeit sanken die Gebühren von etwa 11 auf 6,53 Prozent, unter anderem durch Angebote digitaler Zahlungsanbieter wie Wise. Wenn die bisherige Preisentwicklung bei den Gebühren gleich bleibt, wird Deutschland das 3-Prozent-Ziel der UN bis 2030 verfehlen. Um das Ziel zu erreichen, müssten jedes Jahr die Gebühren um durchschnittlich 0,4 Prozent sinken.

Präzedenzfall: EU-Kommission und ukrainische Nationalbank forcieren 3-Prozent-Ziel der UN
Die Europäische Kommission sieht vermehrt Handlungsbedarf: Im September brachte Finanzkommissarin Mairead McGuinness gemeinsam mit Vertretern der ukrainischen Zentralbank Finanzinstitutionen zusammen, die sich in einer gemeinsamen Erklärung dazu verpflichtet haben, die Überweisungsströme in die Ukraine aufrechtzuerhalten. Die Zeichner verpflichteten sich außerdem dazu, die Kosten für Überweisungen in die Ukraine auf das UN-Ziel von 3 Prozent zu senken. Zudem sollen Anbieter von Auslandsüberweisungen für volle Transparenz sorgen – einschließlich Offenlegung der versteckten Gebühren, die sich in der Regel in einem überhöhten Wechselkurs verstecken. Es ist das erste Mal, dass sich politische Entscheidungsträger so eindeutig zur strikten Transparenz bei Auslandsüberweisungen positionieren.

Arun Tharmarajah, Head of Europe bei Wise, kommentiert:
„Es ist enttäuschend zu sehen, wie langsam die Gebühren für Remissen sinken: Die meisten G20-Länder, und darunter Deutschland und die USA, werden das 3-Prozent-Ziel der Vereinten Nationen bis 2030 laut unserer Prognose verfehlen. Der wichtigste Faktor, um das Ziel doch zu erreichen, ist Transparenz: Nur durch eine transparente Angabe der Gebühren können Verbraucher:innen die Preise der Anbieter vergleichen. Aber noch immer können Anbieter zusätzliche Gebühren in Wechselkursen verstecken, da es nach wie vor Lücken in der Regulatorik gibt. Gerade Deutschland sollte als größtes europäisches Entsendungsland von Remissen mehr Initiative zeigen.”

Sandra Sequeira, Associate Professor an der London School of Economics, ordnet die Analyse ein:
„Gebührentransparenz sicherstellen und Verbraucher:innen über alternative verfügbare Zahlungsverfahren aufklären: Das sind Low Hanging Fruits. Sie lassen sich schnell umsetzen und sind effektiv, um die Kosten zu senken. Deswegen sollte das oben auf der politischen Agenda stehen. Zwar sind seit 2010 im Durchschnitt die Überweisungskosten gesunken – aber nicht schnell genug und tatsächlich nicht überall. Vom Nahen Osten bis nach Lateinamerika sind die Gebühren in den letzten Jahren sogar gestiegen: In Jordanien haben sie sich verdreifacht, in Brasilien sogar mehr als verdoppelt.”

Hier sehen Sie einen Ländervergleich für die Überweisungskosten 2021 und 2022.

Über die Untersuchung
Die Berechnungen in diesem Bericht basieren auf den von der Weltbank veröffentlichten Remittance Prices Worldwide (RPW), Q2.2022. Die in Prozenten ausgedrückten Überweisungskosten spiegeln immer die Kosten für die Überweisung von 200 US-Dollar wider. Die gesamte methodische Analyse wurde in Abstimmung mit Sandra Sequeira (London School of Economics) durchgeführt. 

Der geschätzte Umfang von gesendeten Remissen in 2022 wurde auf der Grundlage der Prognose des gesamten Rücküberweisungsvolumens für 2022 von KNOMAD (Global Knowledge Partnership on Migration and Development) und des prozentualen Anteils am Rücküberweisungsabfluss eines Landes (KNOMAD) in den Jahren 2020 und 2021 berechnet.

Das Prognosemodell basiert auf einem ARIMA-Modell. Alle Werte wurden um die Inflation bereinigt. 2021 ist das Basisjahr. 

Die gesamte Methodik und Analyse wurde von Associate Professor Sandra Sequeira (PhD) (London School of Economics) genehmigt. Sie ist Professorin für Entwicklungsökonomie im Bereich Internationale Entwicklung, Forschungspartnerin bei STICERD, CEPR, Novafrica und dem International Growth Centre. Ihre Forschungsinteressen liegen in den Bereichen Entwicklungsökonomie, politische Ökonomie, Handel und Verbraucherverhalten.

Anmerkungen zu Währungsangaben
Der Remissen-Report von Wise enthält ausschließlich Angaben in US-Dollar. Diese Angaben wurden auf Basis des Devisenmittelkurses vom 22. November, 12 Uhr, in Euro umgerechnet (1 US-Dollar = 0,97 EUR).

Über Wise

Wise (www.wise.de) ist ein globales Technologieunternehmen, das die beste Lösung entwickelt, um Geld der ganzen Welt zu bewegen und zu verwalten. Mit dem Wise Account und Wise Business können Privatpersonen und Unternehmen Geld in 40 Währungen halten, es zwischen Ländern bewegen und im Ausland ausgeben. Auch große Unternehmen und Banken nutzen die Wise-Technologie – ein völlig neues Netzwerk für das Geld der Welt. Wise wurde von Kristo Käärmann und Taavet Hinrikus mitbegründet und ging 2011 unter seinem ursprünglichen Namen TransferWise an den Start. Es ist eines der weltweit am schnellsten wachsenden, profitablen Technologieunternehmen und wird an der Londoner Börse unter dem Kürzel WISE geführt. 16 Millionen Privatpersonen und Unternehmen nutzen Wise. Im Geschäftsjahr 2023 wickelte Wise rund 122 Milliarden Euro an grenzüberschreitenden Transaktionen ab, wodurch die Kunden und Kundinnen rund 1,7 Milliarden Euro sparen konnten.

 
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